Flächenentwicklung Kuhturmstraße
Die Stadt Leipzig plant, mittelfristig die beiden gegenüberliegenden städtischen Grünflächen in der Kuhturmstraße in Altlindenau weiter zu entwickeln. Die Flächenentwicklung soll sowohl dem Bedarf nach bezahlbarem Wohnraum als auch dem Erhalt und der Aufwertung der Grün- und Freiflächen für die Menschen im Quartier gerecht werden. Zudem erfordern die klimatischen Herausforderungen zukunftsfähige Lösungen für die Gebäude und Freiflächen für morgen. Ziel ist es, die Kuhturmstraße durch eine teilweise Neubebauung mit belebten Erdgeschosszonen und der Aufwertung der Grün- und Freiflächen für Mensch und Natur zu einem attraktiven urbanen Raum umzugestalten. Die interessierte Öffentlichkeit ist eingeladen, diese Entwicklung mit zu verfolgen und sich einzubringen.
Bürgerbeteiligung
Informationsveranstaltung „Vorstellung der Städtebaulichen Studien zur Flächenentwicklung Kuhturmstraße“
Über 40 Interessierte nahmen an einer Vor-Ort-Begehung teil, mit der die Veranstaltung startete. Der sich daran anschließende Teil des Abends fand im Stadtteilbüro Leipziger Westen statt, das mit 50 Gästen und den Vertreter/-innen der Stadtverwaltung sehr gut besucht war. Der große Zuspruch machte deutlich, wie sehr vielen Menschen aus Lindenau die Zukunft der Flächen am Herzen liegt.
Die Stadt Leipzig hatte drei städtebauliche Studien beauftragt, die der Öffentlichkeit an diesem Abend von den Planungsbüros vorgestellt wurden. Keiner der Entwürfe soll direkt umgesetzt werden. Vielmehr dienten sie als Impuls für den fachlichen Diskurs der ämterübergreifenden Arbeitsgruppe. Jede Studie wurde erläutert und lebhaft diskutiert. Dabei gab es viel Zuspruch, aber auch viel Gesprächsbedarf.
Zahlreiche Teilnehmende nutzen auch das Angebot, zum Ausklang des Abends miteinander ins Gespräch zu kommen und persönliche Meinungen, Wünsche und Ideen aufzuschreiben.
Informations- und Beteiligungswerkstatt „Entwicklung der städtischen Brachflächen Kuhturmstraße“
Den Auftakt der zweiten Beteiligungsveranstaltung setzte die Stadtverwaltung mit einem Grußwort, das die Zielstellung einer nachhaltigen, zukunftsorientierten und bürgernahen Entwicklung von Grün und Bebauung in der Kuhturmstraße transportierte.
Die durch eine ämterübergreifende Arbeitsgruppe erarbeitete städtische Position zur Flächenentwicklung und deren fachliche Entscheidungsgrundlagen, wurden im Informationsteil der Veranstaltung vorgestellt. Kurz gesagt spricht sich die Stadtverwaltung für eine Aufwertung der „Quartiersmeile Kuhturmstraße“ aus, deren Grundlage eine ausgewogene Entwicklung von hochwertigem, öffentlichem Stadtgrün und kompakter, sozialgerechter Bebauung ist. Auch Verbesserungsideen für eine zukunftsfähige Mobilität sollen in das Gesamtkonzept einfließen.
In diesem Sinne soll vorzugsweise der nördliche Teil der derzeitigen Grünflächen weiterhin unbebaut und als öffentliches Grün erhalten bleiben sowie aufgewertet werden. Zugleich soll eine effiziente und klimabewusste Bebauung vorzugsweise auf den Flächen südlich der Kuhturmstraße erfolgen.
Das Publikum nutzte während der Diskussionsrunde die Gelegenheit, Fragen zu stellen und Meinungen zu äußern. Aus den beteiligten Fachämtern der Stadt waren Mitarbeiter-/innen anwesend, die entsprechende Erläuterungen und Antworten geben konnten.
Das danach eingeholte Meinungsbild zeigte unmittelbar, was den Menschen im Publikum bei der Entwicklung der Flächen am Wichtigsten ist: der Erhalt und die Aufwertung von Grün am Standort erhielt großen Zuspruch, aber auch eine sozialverträgliche bauliche Entwicklung wird hier gesehen. Zustimmung zum städtischen Ansatz (Entwicklung von bezahlbarem Wohnungsbau mit Quartiersangeboten und eine unbebaute öffentliche Grünfläche) kam von der knappen Hälfte der abgegebenen 20 Stimmen. Etwa jede/r Vierte konnte sich jedoch noch kein Urteil bilden.
In der anschließenden Beteiligungswerkstatt arbeiteten interessierte Bürger/-innen, darunter Stadtbezirksbeiräte, Mitglieder des Lindenauer Stadtteilvereins aber auch Anwohner/-innen aus der Nachbarschaft gemeinsam mit Mitarbeiter/-innen unterschiedlicher Fachämter der Stadt Leipzig und externen Fachleuten an vier Thementischen. Hier wurden die Ansätze der Stadtverwaltung durch Nutzungserfahrungen, konkrete Bedarfe und lokale Perspektiven ergänzt und kritisch hinterfragt. In sehr konstruktiver Atmosphäre diskutierten die Gruppen auf Augenhöhe. Die Ergebnisse werden wiederum in die nächsten Entwicklungsschritte einfließen.
Thementisch 1 - Bezahlbares Wohnen plus
Die Gruppe verständigte sich darauf, dass die Zielgruppe für eine Wohnnutzung auf den Flächen eine gute Mischung unterschiedlicher Haushaltsgrößen und Altersgruppen sein sollte. Auch Menschen mit besonderen Bedarfen, die üblicherweise Zugangsschwierigkeiten zum Wohnungsmarkt haben, sollen berücksichtigt werden. Es wird festgehalten, dass künftiges Wohnen auf den Flächen barrierefrei und bezahlbar sein soll, ausschließlich sozialen Wohnraum sieht die Gruppe jedoch nicht. Die Teilnehmenden haben den Anspruch einer zukunftsfähigen Bauweise und Gestaltung, dabei misst man der Erdgeschossnutzung hohe Bedeutung bei. Es besteht der Wunsch, dass im Rahmen des Projektes selbst genutzter Wohnraum entsteht, der in genossenschaftlicher oder genossenschaftsähnlicher Organisation entwickelt wird. Das Potential durch Gemeinschaftsflächen Wohnflächen zu reduzieren, wird am Thementisch diskutiert.
Thementisch 2 - Öffentliches Grün & Stadtökologie
In zwei Kleingruppen erarbeiteten die Teilnehmenden Lösungsansätze für die Aufwertung der nördlichen Brachfläche als öffentliche Grünfläche. Es entstanden ähnliche Ziele und Gestaltungsansätze für einen kleinen Stadtpark, der ein guter Ort für Mensch und Natur sein soll. Eine Priorisierung und begründete Verortung von Nutzungswünschen musste erfolgen. Beide Gruppen stellen sich eine Gestaltung vor, die die bestehende Bepflanzung integriert und ergänzt, mit Geländemodellierungen arbeitet und eine gute Ausstattung wie zum Beispiel mit schattigen Aufenthaltsgelegenheiten bietet. Damit im Konflikt werden klassische Freizeit-/Sport-/Spielnutzungen gesehen, die sich weder räumlich noch funktional einzugliedern scheinen. Die Frage, an welcher Stelle in der Nachbarschaft beziehungsweise im Quartier diese Nutzungsbedarfe und Vorschläge umgesetzt werden können, wird für den weiteren Prozess gestellt.
Thementisch 3 - zukunftsfähige Mobilität
Nachdem die Teilnehmenden zunächst die Kritikpunkte an der heutigen Situation zusammentrugen, sammelten sie anschließend Lösungsansätze im Sinne einer zukunftsfähigen Mobilität. Insgesamt stellt die Gruppe fest, dass die Verkehrssicherheit erhöht werden und durch geeignete Maßnahmen gesichert werden muss. Die Teilnehmenden geben dem Fuß- und Radverkehr mit angemessenen Verkehrsflächen oberste Priorität. Der Ansatz eines Parkraumbewirtschaftungskonzeptes wird diskutiert, der Anwohnerparkplätze oder die Öffnung des Parkdecks über Kaufland für öffentliches Parken als Elemente haben könnte. Eine Stärkung des ÖPNV (=Öffentlicher Personennahverkehr), aber auch die reduzierte Lärmbelastung durch die Straßenbahn und das Einführen von Rasengleisen wäre für die Arbeitsgruppe wünschenswert. Eine zusätzliche Haltestelle in der Kuhturmstraße wird als Potential zur Belebung der zukünftigen Quartiersmeile gesehen.
Thementisch 4 - Quartiersmeile/Stadtraum
Darüber, was den neuen Stadtraum der „Quartiersmeile“ künftig ausmachen soll, diskutierte die Arbeitsgruppe der Idee zustimmend, das Bebauung und Grün Teil des Stadtraums sein sollten. Eine bauliche Entwicklung, die mit verschiedenen kleinteiligen Angeboten in den Erdgeschosszonen den öffentlichen Raum belebt, wird in Fortsetzung zum Lindenauer Markt entlang der südlichen Fläche gesehen. Als konkretes Nutzungsbeispiel werden Mieträume vorgeschlagen, die das private Raumangebot für bestimmte Anlässe ergänzen. Anwohner/-innen sollten diese einfach und niedrigschwellig nutzen können. Vorstellbar wäre auch eine Neuaufteilung des Straßenraums, um „grüne Inseln“, Arkaden oder Nischen zum Verweilen und zur freien Nutzung zu schaffen. In den Obergeschossen ist eine Wohnnutzung mit bedarfsgerechten Wohnungsgrößen im bezahlbaren Segment wünschenswert.
Nach der Arbeitsphase an den vier Thementischen wurden die Ergebnisse der einzelnen Arbeitsgruppen vorgestellt. Die für die Organisation und Durchführung des Abends Verantwortlichen dankten allen Mitwirkenden für ihre engagierte und konstruktive Arbeit in der Werkstatt. Die Verwaltung kündigt an, im nächsten Schritt die Ergebnisse des Abends auszuwerten und weitere Planungsschritte zu verabreden.
Informationsveranstaltung am 28. August 2023, vor Ort auf der Grünfläche © Stadt Leipzig, Stadtumbaumanagement Leipziger Westen Bilder vergrößert anzeigenInformationsveranstaltung am 28. August 2023, Präsentation der Flächenstudie © Stadtumbaumanagement Leipziger Westen Bilder vergrößert anzeigenInformationsveranstaltung am 28. August 2023 © Stadt Leipzig, Stadtumbaumanagement Leipziger Westen Bilder vergrößert anzeigenInformationsveranstaltung am 28. August 2023, Austausch © Stadt Leipzig, Stadtumbaumanagement Leipziger Westen Bilder vergrößert anzeigenInformations- und Beteiligungswerkstatt am 28.September 2023, Ergebnisvorstellung der Thementische © Stadt Leipzig, Stadtumbaumanagement Leipziger Westen Bilder vergrößert anzeigenInformations- und Beteiligungswerkstatt am 28.September 2023, Ergebnisvorstellung der Thementische © Stadt Leipzig, Stadtumbaumanagement Leipziger Westen Bilder vergrößert anzeigenInformations- und Beteiligungswerkstatt am 28.September 2023, Diskussion bei einem der Thementische © Stadt Leipzig, Stadtumbaumanagement Leipziger Westen Bilder vergrößert anzeigen
Bisheriger Prozess
Die Kuhturmstraße in Altlindenau verbindet den Straßenbahnhof Angerbrücke mit dem Lindenauer Markt.
In den 1990er Jahren wurden im Zuge der Realisierung der Stadtbahntrasse in der Kuhturmstraße große Teile der historischen Bebauung des Straßenzuges abgebrochen. Seitdem werden die beiden gegenüberliegenden Flächen, die der Stadt Leipzig gehören, als öffentliche Grünanlagen genutzt. Laut dem geltenden Bebauungsplan Nr. 30.1 mit dem Titel "Henricistraße" 1. Änderung können beide Flächen bebaut werden. Zulässig sind demnach mehrgeschossige Gebäude zum Wohnen und für nicht störendes Gewerbe entlang der Block-Außenkanten.
Heute sind die Flächen, die im Rahmen der EU-Gemeinschaftsinitiative URBAN II teilweise als Kunstprojekt „Liegen ist gebührenfrei“ gestaltet waren, geprägt durch einfache Wege, einen Bestand an Bäumen und vereinzelte Sitzmöglichkeiten. Die Aufenthaltsqualität ist durch diese geringe Ausstattung begrenzt. Der Erholungsfunktion werden die Flächen kaum gerecht. In den trockenen und heißen Sommermonaten können die verdorrten Rasenflächen nur minimal zur Verbesserung des Standortklimas beitragen. Diese Situation ist insgesamt nicht mehr zeitgemäß.
Engagierte Bürgerinnen und Bürger aus dem Stadtteil entwickelten in den vergangenen Jahren verschiedene Projektideen und Vorschläge zur Aufwertung der Flächen. Der Stadtbezirksbeirat Alt-West übernahm bei den verschiedenen Initiativen eine wichtige unterstützende und vermittelnde Rolle. Parallel befassten sich die städtischen Ämter gemeinsam mit dem Stadtumbaumanagement Leipziger Westen mit diesen Flächen. Im Mai 2023 wurde die Petition "Erhaltung der Grünfläche und Umwandlung in Park" abrufbar unter ratsinfo.leipzig.de (Vorlage Nr. VII-P-07960-DS-02) vom Stadtrat behandelt.
Mit der wachsenden Bevölkerung und der damit verbundenen zunehmenden Verdichtung im Leipziger Westen werden dringend neue Standorte für bezahlbaren Wohnungsbau und Gemeinbedarfseinrichtungen gebraucht. Andererseits müssen Freiräume und Grünflächen als Orte der Vielfalt und Erholung im Stadtgebiet gesichert werden. Diese Problemlagen gibt es immer häufiger in unserer wachsenden Stadt.
Um dafür geeignete Handlungsmöglichkeiten zu finden, arbeitet die Stadt Leipzig an einer Strategie der doppelten Innenentwicklung. Ziel ist es, „… das Wachstum flächensparend zu gestalten und die Grün- und Freiraumqualitäten zu erhalten. Wir wollen eine Balance zwischen der besseren Ausnutzung von vorhanden Flächenreserven und Infrastrukturen einerseits und der Erhaltung der Lebensqualität andererseits erreichen.“
Was sich relativ einfach anhört, ist jedoch eine hochkomplexe Aufgabe. Die ämterübergreifende Arbeitsgruppe „Flächenentwicklung Kuhturmstraße“ hat sich zum Ziel gesetzt, diese beiden städtischen Flächen in vorbildhafter Weise zu entwickeln und so ein realisierbares Pilotprojekt zu schaffen, das beispielgebend für ähnliche Situationen in Leipzig sein kann.
Im Herbst 2022 beauftragte das Stadtplanungsamt drei Planungsbüro-Gemeinschaften damit, jeweils eine „Städtebaulich-freiraumplanerische Flächenstudie zur Grundstücksentwicklung Kuhturmstraße Leipzig Lindenau“ zu erarbeiten. Die Teams mit ihren jeweiligen Schwerpunkten Städtebau, Architektur und Landschaftsarchitektur sollten untersuchen, mit welcher Herangehensweise die städtebauliche, architektonische und freiräumliche Entwicklung der Flächen entlang der Kuhturmstraße am besten dem Anspruch an eine nachhaltige Balance zwischen Verdichtung und Freiraum gerecht wird.
Die Ergebnisse der drei Studien zeigen aus der Sicht der Verwaltung sehr interessante Lösungsansätze, wie durch die neue Bebauung und aufgewertete Grün- und Freiflächen ein urbaner, städtischer Raum mit hoher Aufenthaltsqualität möglich wird. Eine Quartiersmeile könnte entstehen, die durch öffentliche Nutzungen in den Erdgeschossen belebt wird. Die Stadt fragte aber auch nach einer ressourceneffizienten Konzeptentwicklung: Alle Entwürfe präsentieren Ideen mit Neubebauungen, die sich für Wohnen, Gemeinbedarfseinrichtungen in Kombination mit Gewerbe-/Dienstleistungs- und anderen öffentlichen Angeboten eignen könnten. Beispielhaft sind die Verwendung erneuerbarer Baumaterialien und Energieträger, der klimaangepasste Umgang mit Regenwasser, Stadtgrün sowie zeitgemäße Mobilitätsansätze.
Die Ergebnisse der Städtebaulichen Studien wurden am Montag, 28. August 2023 im Stadtteilbüro Leipziger Westen öffentlich vorgestellt.
Mit der Beauftragung hatte das Stadtplanungsamt deutlich formuliert, dass die Ergebnisse der drei Studien als Arbeitsgrundlage für das weitere Vorgehen der Stadt dienen sollen. So wurde keine Vorzugsvariante ausgewählt und keiner der Studien eine Realisierung in Aussicht gestellt. Vielmehr halfen die Entwürfe dabei, zunächst verwaltungsintern gemeinsam mit dem Stadtumbaumanagement Leipziger Westen und unter Beteiligung des Netzwerks Leipziger Freiheit und den Leipziger Verkehrsbetrieben die bis dahin bestehenden Vorstellungen fachlich zu überprüfen und in einem konstruktiven Diskurs den Rahmen für die öffentliche Diskussion zu bestimmen. Deshalb wurde zunächst darauf verzichtet, die Studien in der Öffentlichkeit vorzustellen.
Im Ergebnis liegt nun als grobe Leitplanken eine gemeinsame städtische Position vor, welche als Angebot im Beteiligungsverfahren mit den Bürgerinnen und Bürgern erörtert, diskutiert und weiterentwickelt werden soll.
Weiterführende Information
Webseite von GFSL grün für stadt + leben landschaftsarchitektur eG + Libero Architekten GmbH